Vor genau 100 Jahren, am 12. November 1918, und damit nur einen Tag nach Ende des ersten Weltkrieges, war die Geburtsstunde des Frauenwahlrechts. Bis dahin war es ein langer Weg – und die 100 Jahre danach bis zum heutigen Tag ein ebenso langer. Wohin wird uns dieser Weg wohl in den nächsten 100 Jahren führen?
In diesem Blogpost wollen wir den historischen Kontext einmal genauer unter die Lupe nehmen und schauen, wo wir Frauen heute stehen. Dabei ist es uns natürlich ein persönliches Anliegen, auch die Stellung von Frauen in der StadtFarm zu betrachten.
100 Jahre Frauenwahlrecht
Historisch gesehen war Deutschland nie Vorreiter in puncto Frauenrecht – und ist es bis heute nicht.
Die erste freie Wahl für Frauen fand bereits 1884 in Südaustralien statt, als erstes europäisches Land 1906 in Finnland.
Seine Wurzeln hatte das Bestreben nach gleichberechtigten Wahlen schon in der französischen Revolution. Die Parole “Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit” war mit dem männlich besetzten Begriff der “Brüderlichkeit” nämlich gar nicht so auf Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern aus. Kämpferinnen für Frauenrechte mussten damals noch mit dem Leben bezahlen.
Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in Deutschland das 3-Klassen-Wahlrecht, das dem Wähler mehr Gewichtung gab, je mehr Steuern gezahlt wurden. Frauen wurden hier nicht einmal beachtet, was damit zu tun hat, dass Frauen bis dato auch kein eigenes Einkommen hatten.
Ab 1900 wurde, besonders getrieben von der SPD, von Frauen um ihr Wahlrecht gekämpft. Clara Zetkin, eine eher radikale Vertreterin der Sozialdemokraten, forderte auf dem ersten internationalen sozialistischen Frauenkongress 1907 in Stuttgart das allgemeine Frauenwahlrecht ein.
Am 19. März 1911 fand in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA der erste internationale Frauentag statt.
Nach dem ersten Weltkrieg war eine Neuordnung nötig: Mit dem Aufruf “An das deutsche Volk” am 12. November 1918 wurde der Rat der Volksbeauftragten gesetzgeberisch tätig. Die neue demokratische Gesellschaftsordnung schloss nun auch das allgemeine Frauenwahlrecht mit ein.
Am 19. Januar 1919 konnten dann Frauen zum ersten Mal von ihrem Recht Gebrauch machen und die verfassungsgebende Nationalversammlung wählen. Außerdem traten 300 Frauen als Kandidatin für jene Nationalversammlung an. 37 Frauen bekamen einen Platz im Parlament – von insgesamt 423 Sitzen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg der nächste große Schritt:
Die Politikerin Elisabeth Selbert, eine der vier Mütter des Grundgesetzes, setzte durch, dass am 23. Mai 1949 im Artikel 3, Abs. 2 der Satz “Männer und Frauen sind gleichberechtigt.” im Grundgesetzes als Verfassungsgrundsatz aufgenommen wurde.
Zwar waren Frauen jetzt faktisch gleichberechtigt, doch bis 1962 brauchten Frauen eine Erlaubnis ihres Mannes oder eines anderen Vormunds, um ein Bankkonto zu eröffnen. In Deutschland wird sogar erst seit 1997 sexuelle Gewalt in der Ehe als Vergewaltigung angesehen. Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel erinnert an das zähe Überleben diskriminierender Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch der BRD im Rahmen eines Festaktes im Deutschen Historischen Museum am 12. November 2018: „Aus heutiger Sicht ist es kaum zu glauben, dass Frauen erst seit 1975 nicht mehr die Erlaubnis ihres Ehemanns brauchen, wenn sie berufstätig sein wollen.“
Was sich eigentlich völlig irre anhört ist allerdings erst 40 Jahre her und in einigen Ländern immer noch Realität.
Frauenrecht heute
Junge Menschen heute wuchsen mit der Selbstverständlichkeit auf, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind – ob im Beruf, in der Politik oder im Privaten. Doch dieser Schein trügt und sollte uns nicht dazu verführen, nicht weiter für Gleichberechtigung zu kämpfen.
Blickt man alleine die Zahlen an ist es erschreckend, dass sich in den 100 Jahren, seit dem die Frau mündig ist, nicht noch mehr getan hat:
Deutschland ist nur auf Platz 45 weltweit, wenn es um den Frauenanteil in Parlamenten geht. Dieser lag 2017 nur bei 30,7% und ist damit im Vergleich zur vorherigen Legislaturperiode sogar gesunken! (Quelle)
Im EU-Vergleich der Frauen in Führungspositionen liegt Deutschland nur auf Platz 20. In den verschiedenen Ministerien liegt der Frauenanteil zwischen 11% und 41%. Bezeichnenderweise haben nur im Ressort Familie Frauen mit 70% die Nase vorn. (Quelle)
Der Frauenanteil auf der Führungsebene deutscher Unternehmen steigt zwar stetig, allerdings kann man hier eher von einem Fortschritt im Schneckentempo sprechen. In Vorständen von großen Unternehmen waren 2017 nur 12% Frauen, damit sind wir gleichauf mit Ländern wie der Türkei oder Indien. In Deutschland wird kein einziges Top-Unternehmen von einer Frau geführt. In den Gremien liegt der Frauenanteil bei unter 30%. (Quelle)
Justin Trudeau, Premierminister von Kanada, antwortete auf die Frage, weshalb dein Kabinett gleichberechtigt mit rund 50% Frauen und 50% besetzt ist mit “Because it’s 2015!”
Eigentlich selbstverständlich, oder?
Die StadtFarm – ein frauengeführtes Unternehmen
Kein Wunder also (und gleichzeitig erschreckend), dass die StadtFarm bei Google als “frauengeführtes Unternehmen” als besonderes Highlight markiert wird.
Unsere Gründerin und Geschäftsführerin, Anne-Kathrin Kuhlemann, setzt ihre Erfahrung im Vorstand von Unternehmen dazu ein, die Welt ein bisschen besser zu machen. Als Mutter ist ihr wichtig, dass wir unsere Erde auch folgenden Generationen mit gutem Gewissen hinterlassen können. Deshalb managt sie nicht nur eine StadtFarm, sondern arbeitet auch daran, mehrere Farmen unter dem Dach der BE Food Ag aufzubauen. Desweiteren ist sie Vorsitzende des Ausschusses Wirtschaftspolitik der IHK Berlin und Handelsrichterin beim Landgericht Berlin, um nur einige ihrer weiteren Tätigkeiten zu nennen. Privat renoviert sie gerade den Firmensitz der BE Solutions, einen Dreiseitenhof in Steinhöfel im ländlichen Brandenburg, und verarbeitet leidenschaftliche gerne das dort vorhandene Obst und Gemüse. Da fragt man sich schnell: Wie schafft sie das bloß? Multitasking ist eben für Frauen normal und dieses Potenzial wird natürlich in allen Bereichen eingebracht.
Für uns ist es eigentlich selbstverständlich, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind bzw. die Positionen im Unternehmen paritätisch besetzt sind. Viele Positionen im Büro füllen Frauen, in der Produktion und Küche arbeiten vorrangig Männer. Hilfskräfte und Fahrer sind in etwa 50/50 aufgestellt. Und wenn einmal das Besucherzentrum super-blank geputzt werden muss packen einfach alle mit an.
PS: Unsere Fische sind ebenfalls pari-pari! In vielen Aquakulturen schwimmen dank Hormonbehandlung nur Männchen, weil diese schneller wachsen. In unserer nachhaltigen AquaTerraPonik verzichten wir auf Hormone und andere schädliche Stoffe, sodass männliche und weibliche Fische in etwa gleicher Anzahl bei uns wachsen.